Hexenverfolgung in der Fürstpropstei Ellwangen

Vortrag im Wasseralfinger Bürgerhaus

Auf großes Interesse stieß die Vortragsveranstaltung „Hexenverfolgung in der Fürstpropstei Ellwangen“. Rund 80 Zuhörer*innen folgten im Bürgersaal des Bürgerhauses Wasseralfingen gespannt den fachlich fundierten, anschaulichen Ausführungen von Matthias Steuer, Leiter des Schlossmuseums Ellwangen zu diesem dunklen Kapitel der damaligen Fürstpropstei.

Auf dem Bild ist Matthias Steuer, Leiter des Schlossmuseums Ellwangen zu sehen.
Matthias Steuer, Leiter des Schlossmuseums Ellwangen (© Stadt Aalen)

Zunächst begrüßte die Wasseralfinger Ortsvorsteherin Andrea Hatam die Gäste und drückte ihre Freude über das große Interesse an diesem Vortrag aus. Dieser sei eine Folge der emotionalen Reaktionen und Diskussionen um den Programmpunkt „Hexenverbrennung“ im Rahmen des diesjährigen Schlossfestes. „Durch die Absage des Programmpunktes wollten wir die Diskussion im Sinne eines friedlichen und harmonischen Schlossfestes versachlichen. Schade war jedoch, dass in dieser Situation der Großteil nicht mit uns gesprochen hat, sondern nur über uns“, so Hatam. 

Begleitet von Bildern stieg Steuer dann detailreich wie respektvoll ins Thema ein. Die Hexenprozesse wurden in Ellwangen in den Jahren 1588 (erste Phase) und 1611 bis 1618 (zweite Phase) durchgeführt. Die furchtbarsten Jahre waren 1611 bis 1613. In dieser Zeit wurden über 240 Menschen hingerichtet. Allein von Mai bis Dezember 1611 fanden an 17 Tagen 125 bis 130 Hinrichtungen statt. Verantwortlich war hier der 1563 im Wasseralfinger Schloss geborene Fürstpropst Johann Christoph von Westerstetten. Zum einen hat die Region ihm beispielsweise mit der Errichtung eines Schmelzofens in Abtsgmünd oder der Gründung der Papierfabrik in Unterkochen viel zu verdanken. Auf der anderen Seite glaubte er, dass sich das Böse in einem Menschen manifestieren kann und verfolgte dementsprechend rigoros vermeintliche Hexen und Zauberer. 1611 bis 1618 sind insgesamt 450 Menschen hingerichtet worden. Steuer erläuterte auch, was diesem „Hexenwahn“ den Boden bereitete, darunter unter anderem Seuchen, Missernten und Hunger durch eisige Winter und nasse Sommer, eine hohe Sterblichkeit und auch die Spaltung der Kirche.

Gespannt folgte das Publikum den Ausführungen von Matthias Steuer. Seinen sachlichen Vortrag ergänzte er durch persönliche Geschichten von damals Betroffenen, die sich aus der guten Aktenlage in Ellwangen recherchieren ließen. „Für Ellwangen stehen die damals sehr penibel geführten Akten zu den Hexenprozessen noch in großem Maße im Original zur Verfügung. Sie fielen keinem Stadtbrand oder ähnlichem zum Opfer, wie in anderen Städten. Das macht die Situation in Ellwangen so besonders“, erläutert Steuer. 

Viele Themen seien einen eigenen Vortrag wert, so Steuer. „Gerne lade ich Sie natürlich zu einer der regelmäßig stattfindenden Schlossführungen zur Hexenverfolgung nach Ellwangen ein.“

Nach dem Dank an den Referenten schlug Ortsvorsteherin Hatam den Bogen in die heutige Zeit: „Aktuell sind in 43 Ländern Menschen von Gewalt, Folter und Tod bedroht, weil sie als angebliche Hexen an den Pranger gestellt werden, so beispielsweise in Ghana.“ Hatam hat sich bei Besuchen dort bereits persönlich ein Bild machen können und lud das Publikum ein, das Projekt „Ghana: Hilfe gegen den Hexenwahn“ der Organisation missio Aachen mit einer Spende zu unterstützen. Der Spendenerlös des Vortragsabends in Höhe von 366 Euro, für den sich die Veranstalter herzlich bedanken, wird vollständig an missio weitergeleitet.

© Stadt Aalen, 11.07.2023